2012/02/15

"pittura metafisica" (xx)

Sawasdee-ka,

tja, so lange hielt ja noch keine meiner Beziehungen.
(Anmerkung an die Leute aus meinem Bekanntenkreis: Schmunzeln, nicht Augen verdrehen!)

Denn es geht hier nur um eines, und zwar das ganze hier. Heute schreibe ich auf Deutsch, weil Deutsch meine Sprache ist und wenn Nicht-Deutsche so erpicht darauf sein sollten, meine Gefühlsduseleien zu lesen, bitte, es gibt so etwas wie Google Translator, auch wenn ein Drittel zu unverständlichem Mist verändert wird. Das hier könnte so etwas wie ein Auszug aus einem Tagebucheintrag sein.
Ich bin im Moment einerseits sehr sentimental, andererseits hatte ich mir geschworen, nie so zu werden …


Ich war 15, als ich meine Canon bekam. Das ist jetzt fast 10 Monate her. Mich unterscheidet also eigentlich nicht viel von den anderen Vierzehnjährigen, die glauben, mit ihren Spiegelreflexkameras die Gefühle und Emotionen (hach, die ganze Komplexität unseres Lebens) wortlos, aber ausdrucksvoll in tiefgründige Kunstwerke fassen zu können, wobei sie eigentlich nur von dem Drang nach Selbstinszenierung und der Suche nach einem „coolen Hobby“ geleitet wurden. So eine Art „Trendwelle“, wiedermal. Erst Diddl-Blätter, dann diese roten Strähnen, dann Converse-Chucks, dann iPhones – und irgendwann eben Spiegelreflexkameras. Die meisten bekommen diese teure Kamera von ihren spendablen Eltern finanziert, und auch ich muss zugeben, dass es nur eine von vielen Etappen in meinem bisherigen jungen Leben war (nächstes Ziel steht schon längst fest) und ich nicht jahrelang darauf hingespart habe. Meine Eltern verwöhnen mich keineswegs, warfen mir sogar vor, ich würde doch nur schöne Fotos von mir haben wollen, aber ich war und bin ja so dickköpfig.
Aber ich hatte auch meine Gründe. Graphikdesign fand ich schon immer „toll“, ich habe die Adobe Creative Suite CS 2 schon mit 11 Jahren bekommen und wurde sozusagen auf diese Bahn gelenkt. Nach meinem Praktikum vor einem knappen Jahr in einer Werbeagentur stand es einfach fest; meine Präsentation des Berufspraktikums in der Schule schloss ich ab mit: „Tja, und nun weiß ich: Ich will wirklich Kommunikationsdesign studieren.“ Das Problem war, dass ich vor 8 Jahren ebenfalls einen eigenen Basketballkorb bekam, weil ich mich in einer Phase meines Lebens sehr „sportlich“ gefühlt habe – und nach einem Monat war er dabei, in der Garage zu verstauben. Das Gleiche erging meiner Ballettausrüstung, den Tennisschlägern, der Staffelei und auch der Nähmaschine (wobei beide letztere noch ab und zu zum Einsatz kommen). Meine Eltern hatten also allen Grund zur Annahme, dass 500€ für eine Kameraausrüstung EVENTUELL Verschwendung sein könnten. Ich beschwichtigte (wie jedes Mal): „Neeeein, dieses Mal ist es anders, das wird nicht passieren, blabla.“

Und BA-DAM-TSS --- es passierte nicht.

Das Photographieren entpuppte sich als das Ventil, das ich immer gebraucht habe. Das Zeichnen und Malen gehören immer noch zu meinen Hobbys, aber die analoge Kunst ist mir nicht fortschrittlich und handlich genug und dafür viel zu aufwendig (das ist keine Kritik, besonders nicht an der analogen Photographie!!). Denn das Malen erfordert viel Zeit und Platz, außerdem muss man das Zeug ständig aufbauen und aufräumen und abwaschen, dafür bin ich einfach viel zu faul. Und dann ist da noch die Faszination, die Technik bei mir auslöst und die anschließende (Be)Arbeit(ung) am Computer (ja, ich entwickelte mich von der „sportlichen Mai“ zu der „lieber-drinnen-vor-dem-Fernseher-und-dem-PC-hockenden Mai“) gehört für mich genauso sehr dazu wie die der Prozess des Aufnehmens und macht einfach UNGLAUBLICH viel Spaß. Für manche ist es die Bundesliga, das Schreiben, das Kochen, der Sport oder Youporn – den Platz nahm für mich das leise „Klick“-Geräusch ein, wenn ein weiteres Mal der Moment visuell und materiell eingefangen wird. Und ehe ich mich versah, ist fast ein Jahr vergangen und meine Canon steht nicht in der Garage und es lagern sich auch keine feinen festen Teilchen darauf ab (meine Eltern sind sicher sehr stolz auf mich).
Vor langer Zeit schenkte mein Vater mir ein Handbuch, das mich in gefühlten 5000 Seiten in Schriftgröße 8 lehren sollte, wie ich mit Photoshop (und vor ein paar Monaten noch einmal ein viel dickeres über Spiegelreflexkameras) umzugehen muss. Mir fehlten die „Basics“; Flyer und Plakate erstellte ich bis dato in Powerpoint. Mir war von Anfang an klar, dass es keine einfache Lektüre werden würde. Wer jetzt von mir erwartet, dass ich mit dem Zeigefinger wackele und sage, ihr sollt diese Bücher lesen - denn sie helfen -, muss jetzt mit einer Enttäuschung rechnen, denn nein. Ich habe mich zwar damit beschäftigt, habe kurz und oberflächlich die Kapitel überflogen, die mich wirklich interessierten („Pickel wegretuschieren“ etc.), doch leider passierte dasselbe wie während meiner Power-Learning-Phase für die letzte Geschichtsarbeit: Ich schlief währenddessen ein. „Learning by doing“ spiegelt mein Lernverhalten wohl am besten wider. Ich kann lesen! Bloß kann ich das nicht verinnerlichen und anschließend pragmatisch umsetzen. (Anmerkung dazu: Es gibt kein Handbuch dafür, wie du die Kurven verändern musst, damit dein Bild „schön“ aussieht – das muss man eh an jedem Bild einzeln ausmachen … und auch da spielt das ästhetische Empfinden eine große Rolle?!) Das Zweitbeste, was mir passieren konnte, war das Berufspraktikum in der Werbeagentur. Ich lernte in 5 Tagen mehr als aus den 5000 Seiten und hatte danach in null komma nichts alle Grundlagen drauf und das Wichtigste ist, dass ich danach weitergemacht habe und nicht gedacht habe „Das reicht“, denn es gibt nie ein Genug, zumindest nicht, was Entdecken und Lernen angeht. Obwohl ich sonst sehr faul, engstirnig, ungeduldig und unmotiviert bin, begeisterte mich die Spielerei mit der Kamera und ich lernte während meines Sommeraufenthalts in Thailand bei meinem Onkel (DAS ist das Beste), der Photograph ist (wenn schon, denn schon), alles weitere über ISO-Werte, Belichtungszeit etc. und bekam mein jetziges Baby, meine Canon EF-S 18-55mm geschenkt. Die Photos sahen plötzlich so aus, wie ich wollte und das war – tut mir Leid – der OBERHAMMER!! Natürlich war ich nicht zufrieden (es kann immer besser sein und werden), doch ich war erfüllt. Und wie ein gutaussehender Philosoph mal sagte:
„Denn Lernen und Genießen sind das Geheimnis eines erfüllten Lebens. Lernen ohne Genießen verhärmt, Genießen ohne Lernen verblödet.“

Aber wie kann man das Ganze hier auch NICHT genießen? Ein „Bild zu schießen“ ist nicht einfach nur drauflos drücken. Kitschig gesagt, ja, es geht darum, Erinnerungen festzuhalten, aber es geht weiter über das, was man spürt, hinaus, dass es gar nicht in Worte zu fassen ist. Photographie gilt nicht seit immer als eine Form von Kunst, aber was soll es sonst sein? (und außerdem, tut mir Leid, aber im Prinzip kann ja eigentlich ALLES Kunst sein) Mit Photographie kann man mindestens genauso viel ausdrücken wie mit Buchstaben und einer Leinwand, Photographie ist einfach moderne Kommunikation, blablabla. (Fortsetzung des sentimentalen Gelabers folgt sicher bald)

Keine Ahnung, auf was das hier eigentlich hinauslaufen sollte, bloß war es 2 Uhr nachts und ich konnte nicht schlafen. 0,5% von meinen Blogbesuchern werden den Text vollständig gelesen haben, es ist ja doch mehr geworden, als ich in einer Deutschklausur aufs Papier bringen wollte. Jetzt aber etwas weniger Anstrengendes für das Auge.


Kopiekopie2 good morning, good night IMG_3921

Und PS: Mal sehen, ob ich in 6 Monaten über den Blogeintrag lachen werde.